Kanzler Scholz stellt die Vertrauensfrage: Weg zu Neuwahlen am 23. Februar 2025 geebnet
Ein politischer Schritt von historischer Tragweite: Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Montag den Bundestag aufgefordert, ihm das Vertrauen auszusprechen – mit dem Ziel, es nicht zu erhalten. Dies markiert den entscheidenden Moment auf dem Weg zu einer vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025. Es ist das erste Mal seit fast zwei Jahrzehnten, dass ein Kanzler gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes eine solche Vertrauensfrage stellt, um eine Neuwahl zu ermöglichen.
Warum stellt Scholz die Vertrauensfrage?
Mit dem Verlust der parlamentarischen Mehrheit nach dem Bruch der Ampel-Koalition bleibt Scholz keine andere Möglichkeit, um selbst Neuwahlen einzuleiten. Bereits am 6. November 2024 hatte er diesen Schritt angekündigt, nachdem er den FDP-Finanzminister Christian Lindner aus dem Kabinett entlassen hatte. Seitdem führt Scholz eine Minderheitsregierung aus SPD und Grünen, die ohne Unterstützung aus der Opposition handlungsunfähig ist.
Die entscheidende Abstimmung
Scholz hatte seinen Antrag auf Vertrauensentzug bereits am vergangenen Mittwoch fristgerecht bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas eingereicht. Das Schreiben bestand aus nur zwei Sätzen: „Gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes stelle ich den Antrag, mir das Vertrauen auszusprechen. Ich beabsichtige, vor der Abstimmung hierzu eine Erklärung abzugeben.“
Am Montag begann die Sitzung um 13 Uhr mit einer etwa 25-minütigen Rede des Kanzlers, in der er seine Beweggründe erläuterte. Anschließend folgte eine zweistündige Debatte mit Wortbeiträgen aus allen Fraktionen, bevor die Abgeordneten in einer namentlichen Abstimmung ihre Entscheidung trafen.
Wie funktioniert die Vertrauensfrage?
Eine namentliche Abstimmung macht das Votum jedes einzelnen Abgeordneten öffentlich und ist damit für die Bürger nachvollziehbar. Scholz benötigt für das Vertrauen eine absolute Mehrheit – mindestens 367 der 733 Stimmen im Bundestag. Diese sogenannte Kanzlermehrheit gilt jedoch als ausgeschlossen.
Das Abstimmungsverhalten der Fraktionen
- SPD: Die 207 Abgeordneten der SPD-Fraktion stehen geschlossen hinter Scholz.
- Grüne: Die 117 Abgeordneten der Grünen wurden von ihrer Fraktionsspitze angewiesen, sich zu enthalten. Damit wollen sie verhindern, dass die AfD, die 76 Sitze hat, Scholz durch ihre Stimmen ungewollt zu einer Mehrheit verhilft.
- Opposition: Union, AfD, Linke und FDP haben angekündigt, fast geschlossen gegen Scholz zu stimmen.
Was passiert, wenn Scholz keine Mehrheit erhält?
Sobald Scholz das Vertrauen nicht erhält, wird er noch am selben Tag Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorschlagen, den Bundestag aufzulösen. Steinmeier hat daraufhin drei Wochen Zeit, diesem Antrag zuzustimmen, was als sicher gilt. Die Neuwahlen würden dann innerhalb von 60 Tagen stattfinden. SPD, Grüne und Union haben sich bereits auf den 23. Februar 2025 als Wahltermin geeinigt.
Ist die Regierung weiterhin handlungsfähig?
Trotz des Vertrauensverlustes bleibt Scholz mit seiner Regierung im Amt – voll handlungsfähig und nicht nur geschäftsführend. Die Amtszeit endet erst mit der Konstituierung des neuen Bundestags, spätestens 30 Tage nach der Wahl. Sollte bis dahin keine neue Koalition stehen, kann der Bundespräsident die bisherige Regierung bitten, die Amtsgeschäfte weiterzuführen.
Bleibt der Bundestag nach einer Auflösung aktiv?
Ja, der Bundestag bleibt bis zum Zusammentritt seines Nachfolgers mit allen Rechten und Pflichten bestehen. Auch Gesetze können weiterhin beschlossen und Untersuchungsausschüsse eingesetzt werden. Die Legislaturperiode endet erst mit der ersten Sitzung des neu gewählten Parlaments.
Historische Bedeutung der Entscheidung
Mit diesem Schritt reiht sich Scholz in die seltene Liste von Kanzlern ein, die die Vertrauensfrage als politisches Instrument genutzt haben. Ziel ist es, einen klaren Neustart zu ermöglichen und der Wählerschaft die Entscheidung über die zukünftige politische Ausrichtung zu überlassen.
Die kommenden Wochen werden entscheidend sein, nicht nur für Olaf Scholz, sondern für die politische Landschaft Deutschlands insgesamt.