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Beschwerde der AfD wegen Verfassungsschutzbericht 2019 erfolgreich

Mit Beschluss vom 3. März 2021 hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof der Be- schwerde der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) – Landesverband Hessen – ge- gen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 13. Januar 2021 stattge- geben und das Land Hessen im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, näher bezeichnete Angaben zum „Flügel“ im Hessischen Verfassungsschutzbericht 2019 zu löschen und es zu unterlassen, diese Berichterstattung in jedweder Form weiter zu ver- breiten. Zudem wurde das Land verpflichtet, durch eine Pressemitteilung richtigzustel- len, dass die beanstandete Berichterstattung rechtswidrig war.

Der „Flügel“ wird in dem vom Hessischen Ministerium des Inneren und für Sport heraus- gegebenen Verfassungsschutzbericht 2019 als größte Teilorganisation der AfD und als „zentral organisierter, loser Verbund“ von Mitgliedern desselben im gesamten Bundes- gebiet charakterisiert. Am 15. Januar 2019 wurde er vom Bundesamt für Verfassungs- schutz als Verdachtsfall und in der Folge vom Landesamt für Verfassungsschutz Hes- sen - dementsprechend - als Beobachtungsobjekt eingestuft.

In dem Verfassungsschutzbericht 2019 wird auf diversen Seiten unter anderem ausge- führt, dass der „Flügel“ in Hessen 2019 ein - teilweise geschätztes/gerundetes - rechts- extremistisches Personenpotenzial von „600“ bzw. ein Potenzial an Rechtsextremis- ten/Personenpotenzial „von bis zu 600 Personen“ gehabt habe.

Der 7. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat dem Antrag der AfD auf vor- läufige Löschung der von ihr gerügten Berichterstattung zum „Flügel“ weitgehend ent- sprochen und zur Begründung ausgeführt, dass die Berichterstattung teilweise nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 2 Abs. 1 Satz 4 Hessisches Verfassungsschutzge- setz (HVSG) gedeckt und die Antragstellerin dadurch in ihrem Recht aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 GG, gleichberechtigt am Pro- zess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes teilzunehmen, sowie in ihrem allge- meinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG verletzt sei.

Die Angabe des Personenpotenzials einer potenziell extremistischen Gruppierung sei ein maßgeblicher Teil der Berichterstattung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 4 HVSG. Wer- den in dem Verfassungsschutzbericht Zahlenwerte genannt, bedürfe es dafür gewichti- ger tatsächlicher Anhaltspunkte. Für das dem „Flügel“ in dem Verfassungsschutzbericht für 2019 zugeordnete Personenpotenzial von „600“ oder „bis zu 600“ hätten solche An- haltspunkte nicht vorgelegen. Der angegebene Wert, der auch für die Einordnung der Gruppierung und die Außenwirkung maßgeblich sei, halte einer Plausibilitätskontrolle nicht stand.

Die vom Verfassungsschutz für seine Schätzung zuvorderst herangezogenen öffentli- chen Aussagen der (vormaligen) Bundesparteispitze der AfD zu dem bundesweiten Personenpotenzial des „Flügels“ würden keine ausreichenden Rückschlüsse für die Be- wertung des hessischen Landesverbands der Antragstellerin zulassen. Hierfür hätte es zusätzlicher landesspezifischer Anhaltspunkte bedurft, die jedoch nicht ersichtlich seien. Insbesondere sei dem Verfassungsschutzbericht zu entnehmen, dass der „Flügel“ in Hessen 2019 aufgrund seiner gering ausgeprägten Strukturen und seiner fehlenden Präsenzen in den sozialen Medien in seiner Außenwirkung stark begrenzt gewesen sei.

Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist unanfechtbar. Aktenzeichen: 7 B 190/21

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